Zu Beginn des Jahres 2020…
konnte fast noch niemand in Europa die großen und sicheren Schritte des Gespensts namens „Corona“, weit weg in Wuhan wütend, auf uns zukommen sehen. Doch dann ging es schnell: Bereits Ende Januar wurden die ersten Corona-Fälle in Frankreich bekannt. Während Bayern, einer der späteren Spitzenreiter mit Corona-Infektionen, die Gefahr noch als gering einschätzt, wurde das Bundesland mit dem ersten Corona-Fall Deutschlands wenige Tage später DAS Medienereignis.
Was an dann passierte, ist Geschichte: Das Virus verbreitet sich schnell und weiträumig weltweit, während es sowohl von Seiten der PolitikerInnen, als auch innerhalb der Bevölkerung noch weitgehend unterschätzt wird. Am 11. März dann der weltweite Pandemie-Ausruf der WHO – Ausgangsverbote, Lockdown und soziale Kontakteinschränkung weltweit sind die Folge.
Unser aller neuer Alltag mit Maske…
nimmt seinen Lauf. Schnell wurde kollektiv bewusst, dass diese Ausnahmesituation uns etwas länger begleiten wird, als uns allen lieb ist. Die Ungewissheit, ein generell eher ungebetener Gast, trat in alle Bereiche des sozialen und gesellschaftlichen Lebens. Gastronomische Betriebe mussten schließen, der Fernreiseverkehr wurde lahmgelegt, Kulturveranstaltungen jeglicher Art abgesagt. Ganze Existenzen, die gewohnte, soziale Alltagswelt und Wirtschaftsstränge stehen vor dem Abgrund. Verlässliche Zukunftsprognosen? Nirgends in Sicht.
Fast zehn Monate nach dem offiziellen Ausbruch der Pandemie ist in viele unserer Lebensbereiche eine neue Normalität eingekehrt: Händeschütteln und Umarmungen wurden durch Ellbogen-Gruß, Firmen-Alltag durch Home-Office und Fitnessstudios durch YouTube-Videos ersetzt. Die Maske ist der ständige und notwendige Begleiter, will man sich außerhalb des eigenen Heims in Geschäfte, zum Arzt oder auf Parties begeben – mit Mindestabstand versteht sich. Doch der Mensch ist bekanntlich ein Gewohnheitstier, das auch die anfänglich undenkbaren Hürden einer überraschend auftretenden und andauernden Pandemie mit der Zeit immer besser meistert.
„Physically apart but socially together“…
lautet die Devise nach dem ersten Schock der allumfassenden Veränderungen unserer aller Lebenswelten. Nach und nach werden immer mehr positive Auswirkungen sichtbar, die die Corona-Krise mit sich bringt.
Die Menschen beginnen sich mit der misslichen Lage zu arrangieren und werden achtsamer, kreativer und emphatischer in Bezug auf vorherrschende gesellschaftliche Strukturen, aber auch auf der Mikroebene mit ihren Mitmenschen. Der jahrzehntelange Globalisierungshype wird allmählich zurückentwickelt und lokale Strukturen rücken wieder in den Fokus der Menschen. Es wird mehr Wert denn je auf regionale Erzeugnisse gelegt, um uns gegenseitig zu unterstützen. Die Kartoffel vom Bauern nebenan wird zur neuen Avocado und an PokeBowls in In-Lokalen ist nicht mehr zu denken. Menschen verbringen mehr Zeit mit ihrer Familie und distanzieren sich immer mehr von der Schnelligkeit des naturfernen Stadtlebens. Lokal gedachte Nachhaltigkeit, Zusammenhalt und eine Wir-Kultur verfestigen sich immer mehr.
Egoismus weicht Altruismus
Neben dem Gefühl, die heimische Lebenswelt durch die persönliche Unterstützung zu wahren, stärkt die Corona-Krise bei vielen auch eine altruistische Haltung gegenüber schwächeren Gesellschaftsmitgliedern. Menschen gehen aus Rücksicht auf andere freiwillig in die Quarantäne, Einschränkungen werden zunehmend kollektiv umgesetzt, Corona-Partys und Hamsterkäufe öffentlich verurteilt. Gegen Menschen, die die Pandemie aufgrund ihrer privilegierten Situation denken nicht ernst nehmen zu müssen, wird auf die Straße gegangen. Hashtags wie #SocialDistancing #FlattenTheCurve und #WirBleibenZuhause auf sozialen Medien animieren Menschen dazu, dem Virus gemeinsam die Stirn zu bieten und dadurch gemeinsam Risikogruppen und sich selbst zu schützen. Solidarische Aktionen häufen sich immer mehr und haben Menschlichkeit in unserer Gesellschaft wieder zu einem allgegenwärtigen Wert gemacht, der wichtiger ist denn je!
Und wie geht’s weiter?
Eins ist sicher: Das weiß niemand so genau. Ebenso sicher ist jedoch, dass die Welt durch die Krise gelernt hat und um Vieles stärker aus ihr hervorgeht. Die Menschen passen sich den Gegebenheiten immer besser and und werden flexibler im Umgang mit Veränderungen. Die Weltwirtschaft wächst mit verlangsamten Tempo weiter und animiert damit Unternehmen dazu, neue, innovative und unabhängige Geschäftsmodelle zu entwickeln. Bisherige, kapitalistisch orientierte Leitwerte werden in Frage gestellt und Profit-Denken weicht sozial und ökologisch vorteilhaften Entwicklungen für Kunden und anderen Stakeholder. Das gemeinsame Überstehen der Krise lässt uns durch gegenseitige Achtsamkeit gemeinsam stärker werden – auch für das Jahr 2021.